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Die Camargue – ein Highlight?

Ich denke viele kennen sie, die typischen Bilder, die man gezeigt bekommt, wenn der Name Camargue fällt: Vögel, insbesondre Flamingos, weiße Pferde und schwarze kompakte Stiere mit großen Hörnern in einer weiten, unberührten Landschaft.
So in der Art muss wohl auch meine Vorstellung gewesen sein, die immer wieder, über Jahre, den Wunsch aufkommen ließ mal einen Urlaub dort zu verbringen. Naiv, oder?
Ich frage mich auf jeden Fall, was ich mir dabei gedacht habe, das verkaufte Bild mehr oder weniger unreflektiert zu übernehmen.
Tatsächlich wurde ich das erste Mal stutzig, als mein Kumpel Ralf mir von unterwegs schrieb, dass die Gegend ihnen nicht so gefallen hätte. Die Bilder, die er mir mitschickte, fand ich aber nicht so übel. Hmmm.

Um es direkt vorwegzunehmen: Unberührte Natur gibt es in der Camargue praktisch nicht. Das ist eine absolute Illusion!
Die Camargue ist das Delta der Rhone und damit naturgemäß recht feucht und fruchtbar. Eine solche Region wird landwirtschaftlich genutzt und das führt dazu, dass weite Teile der Camargue eben keine wilde Natur, sondern Felder sind. Zwischendrin sind zwar immer mal wieder keine Tümpel wo der eine oder andere Vogel zu finden ist, aber das Idyll der unberührten Natur kommt halt eher nicht auf, wenn eine viel befahrene Landstraße direkt daran vorbeiführt.
So ist das auch mit den weißen Pferden, die vornehmlich auf Koppeln stehen, oft auch als Reitpferde für Touristen, die dann mit 20 anderen in einer Reihe hintereinander durch die Landschaft geführt werden. Übrigens auch ein Grund, warum auf wirklich jedem halbwegs passablen Wanderweg Pferdescheiße liegt.
Man könnte auch sagen, die Camargue stinkt nach Pferdemist.
Allerdings gibt es auch die abgelegenen Etangs, die tatsächlich ungenutzt sind und in Teilen auch als Vogelschutzgebiet deklariert sind.
Leider nutzen Wildcamper die vorhandenen Parkflächen und zeigen jedem, warum keiner sie mag:
Sie sind laut, verschmutzen alles rundherum und hinterlassen oft ein Schlachtfeld.
Vögel brüten in deren Nähe auf jeden Fall nicht mehr. Und das benutzte Klopapier im Graben neben dem Weg rundet die Sache so richtig ab. Leider wird nicht kontrolliert, weder die Wildcamper, noch sowas wie Hundeverbot. Über die Auswirkungen von freilaufenden Hunden auf Brutplätze muss man nicht ernsthaft schreiben.
Schade nicht nur für die Umwelt, schade auch für die Camper, die sich benehmen können und Rücksicht nehmen. Für die wird es auch immer schwieriger.
Aber zurück zur Natur.

Wirklich freilebende Tiere in einigermaßen natürlichem Umfeld findet man meist entlang der kleinen Wege, die durch die Etangs führen. Dort begegnet man vielen Fotobegeisterten, die sich am Wegesrand auf die Lauer legen. So habe ich das auch gemacht, obwohl ich teilweise nicht lange ausgehalten habe, denn man ist sofort dicht umschwirrt von Mücken und Stechfliegen, die einem das Erlebnis doch recht schnell madig machen können.
Viele Aufnahmen sind dort entstanden, aber die die schönsten Aufnahmen konnte ich im Ornithologischen Park machen. Das ist dann aber auch wieder alles andere als eine natürliche Umgebung.

Als Fazit für die Camargue kann ich sagen:
Mindestens 80% der Camargue sind landwirtschaftlich genutzte Flächen. Das sollte einem klar sein.
Von den verbleibenden 20% sind min.15% touristisch intensiv genutzt. 5% ist relativ unberührte Natur.
Die Vegetation ist monoton und artenarm. Man kann sich recht schnell daran „satt“ sehen.
Mücken und Stechfliegen sind eine wirkliche Belastung und können der Aufenthalt unerträglich machen. Die weißen Pferde und die kleinen Stiere gibt es extra für die Touristen auf kleinen Koppeln zu „bewundern“.
Jede TV-Doku, die die „wilde Natur“ mit „wilden Pferden“ etc. im Vorspann hat, ist Verarschung. Muss man leider so sagen.
Allerdings sind die Bilder und die Videoaufnahmen schon schön anzusehen.
Lohnt sich also die Camargue? Ich würde sagen: Nein!
Will man aber das Gebiet mal selbst sehen, sollte man auf eine Unterkunft mehr im Landeinneren zurückgreifen, da gibt es weniger Mücken und die Qualität ist deutlich besser. Viel fahren muss man sowieso und Saint Marie de la Mere is eh keinen Besuch wert.

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